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Zwangsversteigerungen: Was man wissen sollte

84.868 Häuser und Wohnungen wurden im Oktober in den USA zwangsversteigert. Insgesamt 279.561 Eigentümer haben Benachrichtigungen von Fälligkeitserklärungen bis zur Versteigerung erhalten (siehe Erklärungen und Details weiter unten). Seit dem Beginn der Krise im August 2007 wurden 936.439 Wohnimmobilien versteigert. Alle drei Monate kommen weitere 250.000 Häuser in das Zwangsversteigerungsverfahren. Einzelne Bundesstaaten haben in den letzten Wochen Gesetze erlassen, die Zwangsversteigerungen verzögern. Ohne diese Maßnahmen wären die Zahlen noch höher. Die Verlangsamung ist also irreführend und nur vorübergehend. Das auslösende und grundlegende Problem der Finanzkrise, nämlich die ständig sinkenden Immobilienpreise, ist noch nicht gelöst. Es zeigen sich erfolgversprechende Ansätze, aber ohne eine umfassende Lösung wird es wohl eher zu einer Verzögerung und nicht zu einer Verhinderung von Zwangsvollstreckungen kommen.

In jeder Schulklasse in Amerika gibt es ein Kind, dessen Eltern gerade ihr Haus verlieren. 43 Prozent aller US Haushalte geben mehr Geld aus als sie einnehmen. 42 Prozent aller US-Haushalte haben nicht genug Reserven, um sich drei Monate über Wasser zu halten. 46 Prozent aller US Haushalte haben weniger als 5.000 Dollar an liquiden Geldmitteln.

Aus diesem Grund ist es nützlich, sich einmal näher mit dem Prozess der Zwangsversteigerung vertraut zu machen.

Maßnahmen im Zwangsversteigerungsverfahren

Es gibt verschieden Schritte im Zwangsversteigerungsverfahren. Diese im einzelnen:

Rückständigkeit der Hypothekenzahlung:

Notice of Default (NOD): Erinnerungsschreiben, dass Hypothekenzahlung rückständig ist

Lis Pendens (LIS): rechtshängiger Prozess, der im öffentlichen Register vermerkt wird.

Benachrichtigung, dass die Immobilie zwangsversteigert wird:

Notice of Trustee Sale (NTS): Verkauf der Immobilie durch Treuhänder

Notice of Foreclosure Sale (NFS): Verkauf der Immobilie auf einer Auktion

Real Estate Owned (REO): Immobilien, die auf einer Auktion nicht versteigert wurden und von der Bank zurückgekauft wurden. Die Bank setzt diese Immobilien mit reduziertem Preis wieder auf den Markt.


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Im Oktober wurden 279.561 Zwangsversteigerungsmassnahmen ergriffen, die sich im Detail wie folgt zusammensetzen:

36.036 Notice of Default (NOD)

66.033 Lis Pendens (LIS)

66.319 Notice of Trustee Sale (NTS)

26.305 Notice of Foreclosure Sale (NFS)

84.868 Real Estate Owned (REO)

Im 2. Quartal 2008 gab es 739.714 Eigentümer von Häusern und Wohnungen, die mindestens eine Benachrichtigung im Zwangsversteigerungsverfahren erhalten haben.

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Es ist eine weitverbreitete Fehlauffassung, dass man als Käufer einer Immobilie, die zwangsversteigert wird, das beste Schnäppchen bei einer Auktion findet. Zum einen gibt es viele Profis, die sich auf diesem Markt spezialisiert haben und einem Neuling wenig Chancen lassen. Zum anderen setzten Banken die Preise über dem tatsächlichen Wert der Immobilie an. Für Amateure ist es daher empfehlenswert, sich über andere Wege zu informieren, um in einem Zwangsversteigerungsverfahren zu profitieren.

• »Preforeclosure«: eine Möglichkeit, Auktionen zu umgehen, sind so genannte Preforeclosures, in denen ein Interessent dem Hausbesitzer direkt ein Angebot macht. Dies hat sowohl Vorteile für den Käufer als auch für den Verkäufer der Immobilie. Als Käufer kann man das Haus vorab inspizieren und möglicherweise einen besseren Preis aushandeln. Als Verkäufer kann man eine Zwangsräumung vermeiden.

• »Shortsales«: Hier reicht der Verkaufserlös nicht aus, um die Hypothek zu decken. Der Eigentümer kann die Hypothek nicht mehr bedienen beziehungsweise vollständig zurückbezahlen. Eine Offerte ist direkt der Bank zu unterbreiten. Wird diese akzeptiert, verzichtet die Bank gegenüber dem Verkäufer/Eigentümer auf die Geltendmachung des Verlustes, zum anderen spart sie sich aber ein langwieriges und teures Zwangsversteigerungsverfahren.

• »Real Estate Owned Houses« (REOs): Dies sind Immobilien, die nicht auf einer Auktion verkauft werden konnten und die die Bank wieder auf den Markt bringt. Der Käufer trägt ein geringeres Risiko, da das Haus vorher besichtigt werden kann. Zusätzlich reduzieren die Banken oftmals den Preis.

Weitere Nachteile beim Kauf an einer Zwangsversteigerung:

  • Man kann das Haus nicht immer im Voraus von innen besichtigen. Es wird in »as is«-Zustand (wie gesehen) und ohne jegliche Gewährleistung verkauft.
  • Die Anzahlung muss sofort nach der Ersteigerung des Hauses auf der Auktion erfolgen; die Differenz muss innerhalb der folgenden 30 Tage gezahlt werden.
  • Wird dem Käufer die Finanzierung nicht bewilligt, so verliert er die Anzahlung.

Die Gesetze und Regelungen von Zwangsversteigerungen unterschieden sich von Bundesstaat zu Bundesstaat. Nachfolgend ist eine Zusammenfassung des Ablaufs einer typischen Zwangsversteigerung:

  • Tag 1 bis 15: Die Hypothekenzahlung ist rückständig.
  • Tag 16 bis 30: Es werden Verspätungskosten berechnet und ein Erinnerungsschreiben zugestellt.
  • Tag 31 bis 60: Die Bank beginnt sich telefonisch und per Post mit dem Schuldner in Verbindung zu setzen, um den Stand der noch offen stehenden Zahlungen abzuklären.
  • Tag 60 bis 75: Das Amt für Zwangsversteigerung wird informiert. Typischerweise wird zur gleichen Zeit ein Erinnerungsschreiben verschickt.
  • Tag 90 bis 120: Das Zwangsversteigerungsverfahren beginnt. Ist der Zwangsversteigerungsprozess einmal eingeleitet, wird dies als »Lis Pendens« (dtsch.: rechtshängiger Prozess) in den öffentlichen Registern des Landkreises vermerkt. Dritten wird dies durch eine öffentliche Bekanntmachung mitgeteilt.
  • Typische Zwangsversteigerungen dauern im Durchschnitt zwischen 9 und 12 Monaten. Die Zeitspanne beginnt mit der Anmeldung der Zwangsversteigerung und endet mit dem Verkauf der Immobilie. Während dieser Zeit werden bis zu 18 Prozent Zinsen berechnet sowie die Anwaltskosten dem Schuldbetrag hinzugerechnet.
  • Zehn Tage nach dem Verkauf der Immobilie hat der Hypothekenschuldner die Möglichkeit, die Immobilie durch Begleichen aller Schulden zurück zu gewinnen. Jedoch steigt die Schuld an, je länger der Prozess dauert.

Sollte es zu einer Ersteigerung kommen, ist es wichtig zu wissen, was der Käufer der Immobilie zu erwarten hat:

Der Käufer muss als Bieter »qualifiziert« sein. Dies ist er, wenn er dem Gerichtsbeamten einen Scheck für die Kaution hinterlegt. Normalerweise fordert das Gericht ein Minimum von 5000 Dollar.

Das Kapital muss innerhalb kurzer Zeit (manchmal innerhalb von 24 Stunden) von dem Höchstbietenden an den Beamten gezahlt werden. Geschieht dies nicht, steht die Immobilie wieder zum Verkauf. In dieser Zeit wird es dem Käufer nicht möglich sein, ein Darlehen von der Bank zu bekommen.

Meistens erzielt man nicht das gewünschte Schnäppchen, da der Anwalt des Hypothekengläubigers/Bank beauftragt ist, mindestens den ausstehenden Darlehensbetrag zu bieten.

Ein Immobilieneigentümer, dem eine Zwangsversteigerung bevorsteht, muss sich dieser nicht kampflos hingeben. Anwälte und Makler bieten Hilfe durch die bereits oben erwähnte »Short Sales«. Anwaltskosten können jedoch teuer werden und das Bemühen, eine Zwangsversteigerung zu vermeiden, umsonst sein, wenn nicht eine echte Bereitschaft vorliegt. Der Verkäufer/Immobilieneigentümer sollte deshalb ernsthaft an einem »Short Sale« interessiert sein und bereit sein, die Immobilie preislich aggressiv auf den Markt zu setzen. Ein Vorteil ist, dass ein »Short Sale« weniger gravierende Auswirkungen auf das »credit rating« des Eigentümers hat als eine Zwangsversteigerung oder eine Konkursanmeldung.

Einige Gründe warum eine Zwangsversteigerung angefochten wird:

  • Der Eigentümer hat keine alternative Bleibe für sich und seine Familie und versucht, durch den Prozess lediglich Zeit zu gewinnen.
  • Der Eigentümer hat die Immobilie vermietet und möchte Zeit schinden, um weiterhin vom Mieteeinkommen zu profitieren. In dieser Situation ist es oftmals vorteilhafter, von der Option »Assignment of Rents«, die in fast jeder Hypothek beinhaltet ist, Gebrauch zu machen. Diese Option gewährt, dass der Mieter während des Zwangsversteigerungsverfahrens das Gericht direkt bezahlt und dadurch zumindest die Schuldenlast für den Eigentümer der Immobilie reduziert wird.

Im Großen und Ganzen ist ein »Short Sale« eine Möglichkeit, ein Zwangsversteigerungsverfahren zu beenden oder zumindest herauszuzögern. Das Verzögern einer Zwangsversteigerung ohne legitimen Grund kann jedoch zu einer erhöhten Schuldenlast am Ende des Verfahrens führen. Daher sollten Gründe und Absicht mit einem Anwalt im Voraus diskutiert werden.