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Was heißt »Geiz ist geil« auf Amerikanisch?

Noch bis Mitte der Achtziger Jahre sparten US-Bürger im Schnitt neun- bis elf Prozent ihres verfügbaren Einkommens. Von da an ging es mit der Sparfreude rapide bergab: bis Mitte der Neunziger sank sie auf fünf Prozent –und kam im Jahre 2000 mit einem Prozent fast zum Erliegen. Der Konsum erhöhte sich im Gegenzug erheblich: Wurde früher acht- bis zehnmal mehr ausgegeben als gespart, so ist diese Zahl zwischenzeitlich auf das 14 bis 15-fache angestiegen.

Doch die Zeiten ändern sich – zwangsläufig! Der amerikanische Verbraucher wird seine Sparquote deutlich erhöhen müssen. Zusammen mit den limitierten Kreditmöglichkeiten wird dies zu  einem drastischen Rückgang des Konsums und einer deutlichen Verstärkung der schon bestehenden Rezession führen. Und eine US-Version des Prinzips »Geiz ist Geil« dürfte wohl nur eine Frage der Zeit sein …

Die nachstehende Graphik zeigt die Entwicklung des Sparverhaltens.  

Die US-Zentralbank hat eine interessante Studie erstellt. Dabei unterscheidet sie drei Gruppen von Sparern:

• Haus- und Wohnungseigentümer ohne Kreditrahmen;

• die gesamte US Bevölkerung;

• Haus- und Wohnungseigentümer mit Kreditrahmen.

Aufgerundet auf den nächsten vollen Prozentpunkt belief sich die Sparquote aller drei Gruppen 1991 auf zehn Prozent. Neun Jahre später waren praktisch alle Sparquoten negativ, aber mit deutlichen Unterschieden: Eigentümer ohne Kreditrahmen minus drei Prozent, US-Durchschnitt etwas tiefer und Eigentümer mit Kreditrahmen minus neun Prozent.

Im Jahre 2005 zeigen sich noch größere Differenzen: die Eigentümer ohne Kreditrahmen hatten eine kleine, positive Sparquote, die der Gesamtbevölkerung lag bei minus zwei Prozent und die der Eigentümer mit Kreditrahmen bei minus 13 Prozent. Im letzten Jahr lagen die Hauseigentümer bei einem Prozent, der US-Durchschnitt bei null und die Eigentümer mit Kreditrahmen bei minus sieben Prozent.

Der Zusammenbruch des Immobilienmarktes, die Rezession und die Kreditkrise sind ein böser Weckruf für die US-Konsumenten. Selbst wenn die Kreditkrise und Unruhen an den Kapitalmärkten abgeebbt sein wird, so sind doch die Zeiten der günstigen und einfachen Kredite vorbei. Es ist deutlich teurer (zum Teil sogar unmöglich), Finanzierungen für den Konsum zu erhalten. Diejenigen, die bisher ihre Immobilie als Finanzierungsinstrument verwendet haben, stehen noch größeren Problemen gegenüber: Einerseits haben sich die Werte reduziert, zum anderen die Finanzierungsmöglichkeiten reduziert. Der Konsum muss ergo drastisch eingeschränkt werden, und wegen der höheren Belastung erhöht sich der Zinsaufwand.

Das Eigenheim hat den größten Anteil am Gesamtvermögen der US-Bürger. Diese merken nun, dass die angenommenen Werte gar nicht (mehr) existieren und weiter dahin schmelzen. Hinzu kommt die Vernichtung von über zwei Billionen Dollar an privaten Wertschriftenportfolios, Rentenfonds, Betriebsrenten etc. Dies wird zu einem drastischen Wandel im Konsumverhalten der Amerikaner führen. Die Sparquote wird sich deutlich erhöhen. Bereits im letzten Quartal konnte ein Anstieg auf 2,8 Prozent festgestellt werden. Wie ich in meinem Artikel vom 10. Januar dieses Jahres dargelegt habe, bestehen 70 Prozent der US-Wirtschaft aus dem privaten Konsum. Sollten die US-Bürger nun wirklich drei- bis fünf Prozent sparen, so reduziert dies das jährliche Wirtschaftswachstum um ein- bis zwei Prozent. Nicht inbegriffen in der Sparquote sind Einlagen in steuerbegünstigte Sparpläne, Rentenversicherungen und Kapitalgewinne auf Wertschriften. Deshalb wird die Sparquote auch nicht wieder auf zehn Prozent ansteigen.

Bis vor kurzem liehen sich der amerikanische Staat und seine Bürger pro Tag zwei Milliarden Dollar im Ausland. Einerseits ist darin eine auch in Europa stattfindende Vermögensverschiebung in die Erdöl produzierenden Länder reflektiert, zum anderen aber auch der Kauf von Konsumgütern. Die Erhöhung der Hypotheken auf den Immobilien sowie die Verschuldung über Kreditkarten wurden größtenteils in den Konsum gesteckt.

Länder wie China haben dies jahrelang akzeptiert, da sie an der Schaffung von Arbeitsplätzen interessiert waren. Mit dem sinkenden Dollar verlieren die enormen Devisenreserven dieser Länder allerdings an Wert. Zudem sind ihre Wirtschaften nicht mehr so stark abhängig von den US-Konsumenten. Die chinesische Zentralbank verfügt über Dollarguthaben im Wert von weit über 1.000 Milliarden Dollar. Ungeachtet der momentanen Verwerfungen auf den internationalen Kapital- und Finanzmärkten glaube ich kaum, dass China noch lange bereit sein wird, das US-Handelsbilanzdefizit und den US-Konsum zu einem Zinssatz von 3,5 Prozent auf Bundesschatzbriefen zu finanzieren.

Chinas Versuche in den letzten beiden Jahren, US-Firmen aufzukaufen, sind hier auf großen politischen Widerstand gestoßen. Meiner Ansicht nach dürften da noch einige interessante bilaterale Muskelspiele auf uns zukommen. Die Amerikaner werden Ihren Konsum in jedem Fall aber drastisch einschränken – ansonsten müssen sie früher oder später täglich zwei Milliarden Dollar an echten Vermögenswerten (Firmenanteile, Immobilien, etc.) über den Tisch an ihre ausländischen Gläubiger schieben …